Rechtliche Regelungen für sichere Lebensmittel
Heutzutage bestimmen ganz wesentlich Rechtsvorschriften der Europäischen Union die Sicherheit unserer Lebensmittel. Die rechtsverbindlichen Verordnungen der Europäischen Union, kurz "EU-Verordnungen" genannt, gelten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar. Das europäische Recht wird in einigen Bereichen ergänzt durch nationales Recht, welches auch die Vorschriften für das Strafmaß bei Verstößen gegen das europäische Recht, die sogenannte Strafbewehrung, festschreibt. Die Codex Alimentarius Kommission (CAK) ist ein gemeinsames Gremium der Ernährungsorganisation und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen. Im Rahmen der Arbeiten der Codex Alimentarius Kommission werden internationale Lebensmittelstandards festgelegt, die nicht rechtsverbindlich sind. Es handelt sich jedoch um internationale Standards, die vom Handel in der Regel berücksichtigt werden.
EU-Recht zu Umweltkontaminanten in Lebensmitteln
Rechtliche Grundlage für die EU-weite Festlegung von Höchstgehalten für Kontaminanten in Lebensmitteln ist die Verordnung (EWG) Nummer 315/93 des Rates vom 8. Februar 1993 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln. Sie ist als sogenannte EG-Basis-Kontaminantenverordnung bereits seit März 1993 in Kraft.
Als Kontaminant gilt jeder Stoff, der dem Lebensmittel nicht absichtlich hinzugefügt wird, jedoch infolge einer Verunreinigung durch die Umwelt (Umweltkontaminant) oder als Rückstand im Zuge der Gewinnung, Fertigung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Aufmachung, Verpackung, Beförderung und Lagerung im Lebensmittel vorhanden ist. Der Begriff "Kontaminant" umfasst nicht Überreste von Insekten, Tierhaare und anderen Fremdbesatz.
Grundsätzliche Forderung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ist es, Kontaminanten so weit wie möglich zu minimieren. Die EG-Basis-Kontaminantenverordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten unter anderem, kein Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, das einen Kontaminanten in einer gesundheitlich und insbesondere toxikologisch nicht vertretbaren Menge enthält. Ferner werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kontaminanten auf so niedrige Werte zu begrenzen, wie dies durch gute Praxis auf allen Stufen der Gewinnung und Weiterverarbeitung sinnvoll erreicht werden kann. Zudem ermächtigt die Verordnung die Europäische Kommission, zum Schutz der menschlichen Gesundheit EU-weit geltende Grenzwerte – im Sprachgebrauch der Europäischen Union "Höchstgehalte" genannt – für Kontaminanten in Lebensmitteln festzulegen. Diese Höchstgehalte werden in Form einer nicht erschöpfenden Gemeinschaftsliste eingeführt, wozu zum Beispiel unterschiedliche Höchstgehalte für den gleichen Kontaminanten in verschiedenen Lebensmitteln gehören können. Dies hängt unter anderem von üblichen Verzehrmengen und den Gehalten an Kontaminanten eines Lebensmittels ab. Mit der Festsetzung von EU-weit geltenden Höchstgehalten werden rechtsverbindliche Regelungen über die aus gesundheitlicher Sicht zulässigen Gehalte der betreffenden Kontaminanten in Lebensmitteln geschaffen. Nach einer Vielzahl von Änderungsverordnungen zur Verordnung ( EG) Nr. 1881/2006 ist am 25. Mai 2023 die Verordnung (EU) 2023/915 in Kraft getreten.
Insbesondere die toxikologische Bewertung eines Kontaminanten durch das Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (CONTAM Panel der EFSA) setzt den Rahmen, innerhalb dessen solche Werte für den gesundheitlichen Verbraucherschutz festgelegt werden.
Nationales Recht zu Umweltkontaminanten in Lebensmitteln
Zentrales Dach- und Rahmengesetz im Bereich der nationalen Lebensmittelsicherheit ist das am 7. September 2005 in Kraft getretene Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), in das weite Teile des ehemaligen Lebensmittelgesetzes und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) eingeflossen sind. Die Federführung für dieses Gesetz obliegt dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Gemäß Paragraf 13 Absatz 5 LFGB ist das Bundesumweltministerium innerhalb der Bundesregierung federführend zuständig für die Verhütung von Gefährdungen der Verbraucherinnen und Verbraucher, die von Lebensmitteln ausgehen, die einer Einwirkung durch Verunreinigungen der Luft, des Wassers oder des Bodens (sogenannte Umweltkontaminanten) ausgesetzt waren. Alle übrigen Angelegenheiten der Lebensmittelsicherheit werden federführend vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat bearbeitet. Die Lebensmittelüberwachung ist in Deutschland Aufgabe der Bundesländer.
Im März 2010 ist die Verordnung zur Begrenzung von Kontaminanten in Lebensmitteln, zuletzt geändert im Juli 2020, in Kraft getreten. Die sogenannte Kontaminanten-Verordnung ist eine gemeinsame Ministerverordnung des Bundesernährungsministeriums und des Bundesumweltministeriums. Die Kontaminanten-Verordnung bündelt über das EU-Recht hinausgehende, nationale Regelungen zur Begrenzung von Verunreinigungen in Lebensmitteln. Dazu gehören die über das EU-Recht hinausgehenden, nur in Deutschland bereits seit 1988 geltenden Höchstmengen für sechs nicht dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (den sogenannten Indikator-PCB) in Lebensmitteln wie Fleisch und Fleischerzeugnisse von Pferden, Ziegen und Kaninchen, Federwild und Haarwild sowie Wildschweinen. Darüber hinaus beinhaltet diese Verordnung die seit dem Jahr 1989 in Deutschland geltenden Höchstmengen für die Lösungsmittel Tetrachlorethen (Perchlorethylen), Trichlorethen (Trichlorethylen) und Trichlormethan (Chloroform) in allen Lebensmitteln.
Mit der Kontaminanten-Verordnung werden zudem Verstöße gegen die in Deutschland unmittelbar geltenden Regelungen der EU-Verordnung (EG) Nummer 1881/2006 (abgelöst durch die Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006) zur Begrenzung des Gehalts von Blei, Cadmium und Quecksilber sowie Dioxine, PCB, Perfluoralkylsubstanzen und Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in Lebensmitteln strafbewehrt.