10 Jahre Pariser Abkommen: Die Welt hat umgeschaltet
Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Pariser Abkommens zeigt sich: Multilaterale Klimapolitik wirkt. Das Abkommen zählt heute 195 Vertragsparteien. Ohne Paris wären die Erwärmungsprognosen deutlich höher ausgefallen. Heute liegen sie unter 3 °C (Grad Celsius) – ein wichtiger Fortschritt. Aber bei weitem noch nicht genug, um die im Konsens vereinbarte globale Leitplanke, die 1,5-Grad-Grenze, nicht zu überschreiten. Zum Jubiläum kann die Welt daher feiern, was erreicht wurde – und muss nüchtern Bilanz ziehen, was jetzt schneller passieren muss.
Zehn Jahre Paris: Kernelemente und ein Auftrag für das nächste Jahrzehnt
Die globale Bestandsaufnahme hat 2023 mit globalen Zielen zur Verdreifachung des Ausbaus Erneuerbarer Energien und zur doppelt so schnellen Steigerung der Energieeffizienz, zum Stopp der Entwaldung bis 2030 und zum Abkehr von fossilen Energien wichtige Impulse gesetzt.
Das 100-Milliarden-Ziel zur Klimafinanzierung wurde in den letzten Jahren erreicht; die OECD weist für 2022 115,9 Milliarden US-Dollar (USD) aus, 2023 lag in einer ähnlichen Größenordnung. Mit dem neuen globalen Klimafinanzierungsziel (NCQG) wurde 2024 ein neues Fundament gelegt: mindestens 300 Milliarden USD/Jahr bis 2035 an öffentlichen Mitteln sowie ein globales Investitionsziel durch alle Akteure von 1,3 Billionen USD/Jahr bis 2035 für Entwicklungsländer werden angestrebt.
Die aktuelle Runde der Nationalen Klimaschutzbeiträge bis 2035 (NDCs) bleibt deutlich hinter dem global notwendigen Ambitionsniveau zurück. Die Zusammenfassung der mit Paris weltweit gestärkten, umfassenden Transparenzberichten zu Emissionen und Fortschritten zeigt auch Umsetzungslücken.
Daraus folgt: Die Umsetzung, Übererfüllung und Nachschärfung der vorgelegten 2035-Klimapläne muss die 1,5-Grad-Grenze dauerhaft in Reichweite halten und dafür sorgen, dass eine Überschreitung ("overshoot") möglichst niedrig und möglichst kurz ausfällt. Denn jedes Zehntelgrad weniger globale Erhitzung zählt und senkt massiv die Folgen und Kosten der Klimakatastrophe.
Die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bei den Verhandlungen in Paris.
Fortschritte im Wettlauf um günstige erneuerbare Energie, in der Verkehrswende und der CO2-Bepreisung
Dennoch: Die Welt befindet sich im stärksten Umbau ihrer Energieversorgung seit Beginn der Industrialisierung. Zwei Drittel der globalen Energieinvestitionen fließen aktuell in saubere Technologien und Zukunftsinvestitionen. 2024 wurden weltweit fast 685 Gigawatt (GW) erneuerbare Stromkapazität installiert – ein historischer Höchstwert.
Wind und Solar erzeugten im ersten Halbjahr 2025 erstmals mehr Strom als Kohle. Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet bis 2030 einen globalen Zubau von rund 4,6 Terawatt (TW) an zusätzlicher erneuerbarer Kapazität. Erneuerbare Energien sind marktgängig und kosteneffizient. Fossile Energien dagegen verursachen immer stärker steigende ökonomische und soziale Folgekosten.
Der sozial gerechte Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bleibt daher ein zentrales politisches und ökonomisches Ziel. Einen Beitrag dazu leistet CO2-Bepreisung: Weltweit sind 38 Emissionshandelssysteme aktiv; rund 20 weitere befinden sich in Vorbereitung.
Auch die Verkehrswende kommt international voran: 2024 wurden 17 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft; für 2025 werden rund 22 Millionen erwartet. Damit ist weltweit etwa jedes vierte neue Auto elektrisch.
COP30 in Belém: trotz Gegenwind Signale für mehr Tempo
Zum Jubiläum wurden trotz geopolitischem Gegenwind im Konsens Entscheidungen zur schnelleren Umsetzung getroffen:
- In einem Beschluss zum "Gemeinsamen Anpacken" (Mutirão) wurden Umsetzungsprozesse zur Beschleunigung globaler Klimamaßnahmen angestoßen. Dazu zählt der Global Implementation Accelerator – ein neues Instrument, um die Umsetzung von NDCs und Anpassungsplänen zu beschleunigen. Außerdem die "Belém Mission to 1.5", um die globalen Klimaziele zu stärken.
- Von der Entwicklung eines Just-Transition-Mechanismus wird ein globaler Rahmen zur sozial gerechten Transformation erwartet. Um die Umsetzung des Global Goal on Adaptation (GGA) weiter zu beschleunigen, wurden Indikatoren entwickelt, die dabei helfen, den weltweiten Fortschritt bei der Klimaanpassung besser einzuschätzen und die Resilienz besonders der verletzlichsten Länder gegenüber Klimafolgen zu erhöhen.
- Auf der COP30 hat Brasilien die Action Agenda in eine neue "Ära der Umsetzung" geführt. Entlang von sechs thematischen Achsen – Energie, Industrie, Verkehr, Landnutzung, Ernährungssysteme, Biodiversität, Resilienz und Finanzströme – wurden 482 Initiativen gebündelt. 117 "Plans to Accelerate Solutions" (PAS) zeigen konkrete Hebel auf, um beispielsweise den Ausbau von Stromnetzen und Speichern, die industrielle Transformation, nachhaltige Landwirtschaft und Anpassung an den Klimawandel zu beschleunigen.
- Beim Waldschutz etwa wurden die Rolle indigener Gemeinschaften und neue langfristige Finanzierungsansätze hervorgehoben: Deutschland unterstützt die Tropical Forest Forever Facility (TFFF) mit einer Milliarde Euro über zehn Jahre. Ziel ist es, Koordination, Sichtbarkeit und Wirkung plurilateraler Maßnahmen zu steigern und damit auch multilaterale Verhandlungsprozesse zu beschleunigen.
Eine wichtige Rolle werden 2026 auch globale Fahrpläne für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und für den Entwaldungsstopp spielen – diese will Brasilien als COP-Präsidentschaft im Lauf des nächsten Jahres erarbeiten.