Rede von Bundesumweltminister Carsten Schneider beim Deutschen Bauerntag

26.06.2025
Carsten Schneider am Rednerpult.
Beim Deutschen Bauerntag in Berlin wurden Voraussetzungen und Maßnahmen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft diskutiert. Bundesumweltminister Carsten Schneider hat eine Rede gehalten.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Kollege Rainer,
sehr geehrter Herr Präsident Rukwied,
sehr geehrte Delegierte,
sehr geehrte Bäuerinnen und Bauern,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich möchte mich zunächst bei Herrn Präsident Rukwied bedanken für die Einladung zum Deutschen Bauerntag. Das entspricht meinem Politikverständnis: miteinander ins Gespräch kommen, mehr miteinander reden und nicht so viel übereinander. 

Es sollte aus meiner Sicht keine Besonderheit sein, wenn der Umweltminister zum Bauerntag geht. Ich würde mich freuen, wenn der geschätzte Kollege Rainer demnächst zum Beispiel auch zum Deutschen Naturschutztag kommt. 

Ich kenne Minister Rainer schon länger – und zwar aus der Fußballmannschaft des Deutschen Bundestages. Wir sind also beide erfahrene Teamplayer. Das werden wir auch in unseren Ämtern sein und versuchen, die relevanten Fragen gemeinsam zu lösen. Denn Umweltschutz und Landwirtschaft bedingen einander. Wir müssen und wir werden beide Felder zusammendenken. 

Ohne Zweifel gehören Naturschutz, Umwelt- und Klimaschutz in die Mitte unserer Gesellschaft. Es geht um unsere gemeinsamen Lebensgrundlagen, unsere Natur, unsere Landschaft und unseren Wald, unsere Seen und Flüsse. Aber auch um unsere Böden. und um Wasser – die wertvollste Ressource für jeden Menschen – aber gerade auch für Sie als Landwirtinnen und Landwirte. Die aktuelle Grundwasserstudie zeigt, dass unsere Grundwasserreserven vieleroerts übernutzt werden. Deshalb wirken sich Zeiten großer und längerer Trockenheit, wie wir sie in den letzten Jahren häufiger hatten, umso negativer für die Landwirtschaft aus. 

Ebenso richtig ist aber auch, dass die Landwirtschaft in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses gehört. Sie versorgt uns nicht nur mit Nahrungsmitteln und ist ein wichtiger Wirtschaftsbereich. Die Landwirtschaft spielt auch eine unverzichtbare Rolle für die Gestaltung ländlicher Räume, den Erhalt der Kulturlandschaften und den Naturschutz. Für viele Landwirte ist der Naturschutz längst selbstverständlich, schlicht damit die Artenvielfalt nicht weiter zurückgeht. 

Sie sind auch diejenigen, die Klimaveränderungen als Erste feststellen. Ich sitze überwiegend im Büro und erfahre es gegebenenfalls aus der Zeitung. Sie sind draußen und merken die Veränderungen unmittelbar. Nicht zuletzt hängen die Erträge und langfristigen Perspektiven für Ihre Betriebe davon ab. 

Landwirtschaft und Umweltschutz – beide Politikfelder sind inhaltlich eng miteinander verwoben. Genau deshalb ist es gut, dass Minister Rainer und ich – und die gesamte Bundesregierung - hier an guten Kompromissen arbeitet. 

Es gibt eine weitere Gemeinsamkeit: In den letzten Jahren sind viele Umwelt- und Landwirtschaftsthemen in der politischen Auseinandersetzung skandalisiert und verhetzt worden. Nicht nur bei uns, sondern weltweit. Dabei geht es im Kern oft gar nicht um Klimaschutz oder Landwirtschaft – sondern gegen staatliche und demokratische Institutionen. Das dürfen wir nicht zulassen! 

Es ist allerhöchste Zeit, dass die Mitte der Gesellschaft selbstwusster auftritt. Darum bin ich heute hier. Mit Herrn Präsident Rukwied habe ich mich bereits vor einigen Tagen getroffen und ausgetauscht. 

Mein Angebot und meine Botschaft an Sie ist: Lassen Sie uns das Verbindende suchen und stärken. Lassen Sie uns dort, wo wir aus der jeweiligen Perspektive unterschiedliche Auffassungen haben, anständig miteinander diskutieren, auch streiten, aber immer mit Respekt voreinander! Lassen Sie uns gemeinsam unsere Gesellschaft zusammenhalten. Sie ist es allemal wert!

Die neue Bundesregierung hat sich vorgenommen, Deutschland zu modernisieren, in unsere Sicherheit und Landesverteidigung zu investieren und das Land wieder auf Wachstumskurs zu bringen. 

Deutschland muss schneller, einfacher und gerechter werden. Dabei stehen wir an der Seite all derer, die unser Land am Laufen halten, die sich anstrengen und hart arbeiten. 

Dazu gehören die Landwirtinnen und Landwirte. Darum hat die Koalition vereinbart, auch in der Landwirtschaft Dokumentationspflichten abzubauen.

Im Koalitionsvertrag steht außerdem, dass Jung- und Neulandwirtinnen und -landwirte stärker gefördert werden sollen. Das ist der richtige Ansatz. Die jungen Menschen sind die Zukunft der Landwirtschaft und die Zukunft unseres Landes.

Das gilt auch für die Siegerinnen und Sieger des Berufswettbewerbs der Deutschen Landjugend, die Sie heute Morgen auf diesem Bauerntag geehrt haben. – Glückwunsch dazu auch von mir! 

Alle jungen Menschen haben ein Recht darauf, dass wir die politischen Entscheidungen heute so treffen, dass sie künftig ebenfalls gut leben und einträglich wirtschaften können. Dafür müssen die Betriebe sich gut gegenüber den Klimaveränderungen aufstellen und dazu braucht es auch widerstandsfähige Agrarökosysteme.

Schneller werden müssen wir aber auch beim Umwelt-, Klima- und Naturschutz. Denn diese sichern unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen Landwirtschaftliche Erzeugung und der Schutz von Umwelt, Klima und Biodiversität müssen deshalb gut zusammengedacht werden.  

Lebensgrundlagen sichern – für Planungssicherheit sorgen Deutschland ist gesetzlich verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu werden. Das Ziel ist im Koalitionsvertrag verankert und ein zentrales Projekt der ganzen Bundesregierung. Wir machen das nicht zum Selbstzweck, sondern damit sichern wir unsere Lebensgrundlagen und zugleich die Grundlagen für unsere Wirtschaft – inklusive der Landwirtschaft.

Ohne die kräftige Mithilfe der Bäuerinnen und Bauern in Deutschland wird das nicht zu schaffen sein. Die Landwirtschaft selbst ist mit ihren unmittelbaren Emissionen derzeit auf dem Zielpfad, was die Einhaltung der 2030-Ziele angeht. Das kann man nicht von allen Sektoren sagen und das freut mich sehr. Die Ziele waren bislang für die Landwirtschaft im Vergleich zu den Zielen etwa für die Sektoren Energie und Industrie auch eher moderat. Das wird auf der Strecke von 2030 bis zur Klimaneutraltität 2045 anspruchsvoller werden.

Dafür müssen wir schon jetzt die Weichen gestellt. Das werden wir als Bundesregierung mit dem neuen Klimaschutzprogramm auch auf den Weg bringen.

Ich will aber auch darauf hinweisen, dass es neben den Emissionen aus der unmittelbaren landwirtschaftlichen Tätigkeit, auch um die Treibhausgase aus dem gesamten Landnutzungssektor geht, also darum was unsere Wälder binden oder an Treibhausgasen emittieren und was aus entwässerten Feuchtgebieten und Mooren an Emissionen entsteht. Und hier stehen wir noch vor riesigen Aufgaben.

Der Expertenrat für Klimafragen hat dargelegt, dass neben den Bereichen Verkehr und Gebäude in diesem sogenannten LULUCF-Sektor die größten Defizite und Handlungsbedarfe bestehen. Und das, werden wir nur zusammen bewältigen!

Ich weiß aus vielen Gesprächen – und will das hier ausdrücklich loben – dass die Landwirtschaft längst dabei ist, sich den Herausforderungen des Klimawandels zu stellen. Mir ist aber auch klar, dass Sie als Landwirtinnen und Landwirte für die weiteren Veränderungen Planungssicherheit brauchen. Darum bin ich heute hier: Lassen Sie uns ins Gespräch miteinander kommen, damit wir den Weg gemeinsam gehen und für diese langfristige Planungssicherheit sorgen.

Landwirtschaft und Umweltschutz müssen Hand in Hand gehen. Es gibt weitere Beispiele für gelungenen Dialog ist das vom Landwirtschaftsministerium und Umweltministerium gemeinsam getragene Dialognetzwerk zukunftsfähige Landwirtschaft. Du, lieber Alois warst dort auf der letzten Sitzung zusammen mit meinem Staatssekretär Jochen Flasbarth. Und ich stehe sehr dafür, dass wir diese Plattform weiterführen als Ort des Austausches zwischen Praktikern. Gut fand ich auch die Arbeit der Zukunftskommission Landwirtschaft.

Beide Formate haben bewiesen, dass sie ausgewogene politische Empfehlungen ausarbeiten können. Diesen Weg möchten wir gerne weitergehen.

Und ich habe Herrn Ruckwied so verstanden, dass auch der Deutsche Bauernverband diesen Weg weiter mitgehen will. Das begrüße ich sehr und freue mich auf die Zusammenarbeit. Ein Ausdruck dafür ist, dass ich sehr gerne zusammen mit Alois die Schirmherrschaft für die FRANZ-Betriebe übernehme und damit für einen ganz praktischen Ansatz, in Demonstrationbetrieben Naturschutz in ökonomisch gut laufenden Betrieben voranzubringen.

Den Dialog auf Augenhöhe brauchen wir auch, um die Ziele der Europäischen Verordnung zur Wiederherstellung der Natur zu erreichen. Lassen Sie uns den Schutz und die Wiederherstellung intakter Ökosysteme als eine Chance begreifen. Stabile Ökosysteme sind die Grundlage für landwirtschaftliche Erträge und somit unsere Ernährung. Synergien zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft gibt es bespielsweise, wenn es darum geht, die Bestäuberpopulationen wieder zu vergrößern: Bienen, Schmetterlinge, Käfer. Diese Trendumkehr ist ein ausdrückliches Ziel der Wiederherstellungsverordnung. Die Landwirtschaft wird davon besonders profitieren – und kann gleichzeitig einen wertvollen Beitrag leisten.

Bund und Länder werden den Nationalen Wiederherstellungsplan gemeinsam erarbeiten. Dabei wird es auch mehrere Beteiligungsformate mit den Verbänden geben. Im Rahmen von Informationsveranstaltungen sind wir mit Ihnen bereits im Austausch.

Die EU setzt mit der Wiederherstellungsverordnung Ziele für die Mitgliedstaaten - NICHT für einzelne Betriebe. Bei der Durchführung der Verordnung setzen wir als Bund vor allem auf freiwillige Maßnahmen.

Die EU-Kommission wird im Juli ihren Vorschlag für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) vorlegen. Ich weiß, dass Sie den Vorschlag mit Spannung erwarten.

Landwirtschaft und Umweltschutz haben auch hier ein gemeinsames Interesse – nämlich zielgerichtete Gelder sicherzustellen. Diese sollen Landwirtinnen und Landwirten dafür erhalten, dass sie umwelt-, klima- und naturschutzbezogene Leistungen erbringen.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die GAP ein eigenständiger Politikbereich im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens bleibt, mit der ländlichen Entwicklung als integralem Bestandteil. Diese heutige zweite Säule der GAP darf nicht im Tauziehen um den EU-Haushalt unter die Räder geraten. Wenn hier Umweltschutz und Landwirtschaft nicht zusammen stehen, dann werden andere Interessen sich in den Haushaltsverhandlungen viel eher durchsetzen.

Die GAP sollte so gestaltet werden, dass die vielfältigen Umweltdienstleistungen der Landwirtschaft bürokratiearm finanziell honoriert werden. Die ZKL hat schon 2021 empfohlen, dass die bisherigen flächengebundenen Direktzahlungen bis Ende 2034 vollständig umgewandelt werden in Zahlungen für konkrete gesellschaftliche Leistungen wie Umwelt, Klima und Tierwohl.

Gleichzeitig zeigen die aktuellen Vereinfachungsdiskussionen, dass die GAP noch an anderer Stelle reformiert werden muss. Wir wollen, dass Landwirtinnen und Landwirte von unnötiger Bürokratie entlastet werden – ohne dabei die Umweltstandards zu schleifen.

Weitere Förderinstrumente sind auf Bundesebene in Planung, zum Beispiel der Sonderrahmenplan Klimaanpassung und Naturschutz, der im Koalitionsvertrag enthalten ist Ich setze mich in den kommendenHaushaltsverhandlungen sehr dafür ein. Dafür wollen wir substanzielle Mittel aus dem geplanten Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität nutzen.

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz zu verstetigen. Das ANK bleibt somit das entscheidende Programm für den Natürlichen Klimaschutz in Deutschland.

Mit dem Programm fördern wir beispielsweise landwirtschaftliche Maschinen zur Stärkung der natürlichen Bodenfunktionen. Außerdem haben wir Mittel für die Förderung von Hecken und Agroforstsystemen vorgesehen.

Ich habe aber bei Amtsübernahme auch festgestellt, dass gerade die Programme, die für die Einhaltung der LULUCF-Klimaziele wichtig sind, noch in den Kinderschuhen stecken, teilweise in den letzten dreieinhalb Jahren noch nicht in konkret abrufbare Förderprogramme gegossen wurden. Darum wird sich mein Haus jetzt mit Hochdruck kümmern.

Klar ist: Eine intakte Natur hilft uns, die Klimaziele einzuhalten. Ich bin überzeugt, dass sich natürlicher Klimaschutz und die Wiederherstellung von Ökosystemen langfristig für uns alle auszahlen. 

Umwelt und Landwirtschaft haben bei allen Diskussionen über Wege und Maßnahmen letztlich gemeinsame Interessen. Und sie haben eine gemeinsame Basis – die freiheitliche Demokratie in unserem Land. Ich habe hier viele Themen angesprochen, aber längst nicht alle, an denen die Bundesregierung mit Ihnen und dem Deutschen Bauernverband arbeitet. Das kann heute nur ein Auftakt gewesen sein für den weiteren Dialog.

Lassen Sie uns das Verbindende suchen und stärken.

Landwirtschaftsminister Rainer und ich legen großen Wert auf eine gute Zusammenarbeit – miteinander und auch mit Ihnen. Darauf freue ich mich und bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

Informationen

Natürlicher Klimaschutz

Natur stärken – Klima schützen

26.06.2025 | Rede Naturschutz

Weitere Informationen

https://www.bundesumweltministerium.de/RE11382
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