Rede beim BDEW-Kongress 2025: Klimapolitische Verantwortung zehn Jahre nach Paris

04.06.2025
Carsten Schneider bei seiner Rede beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
Am 04. Juni 2025 hielt Bundesumweltminister Carsten Schneider eine Rede beim Kongress des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) unter dem Titel "Klimapolitische Verantwortung zehn Jahre nach Paris".

– Es gilt das gesprochene Wort! –

Liebe Kerstin Andreae,
sehr geehrter Herr Präsident Dohler,
meine sehr verehrten Damen und Herren!

Katherina Reiche habe ich gerade noch mit verabschieden können. Ich habe auch noch alles gehört, das kann ich alles unterschreiben. Die Regierung steht geschlossen! Das ist ein wichtiges Signal, in der Tat.

In den letzten vier Jahren war ich als Staatsminister für Ostdeutschland tätig. Ich habe mit vielen ihrer Unternehmen und Mitglieder im Verband zusammengearbeitet, in der Lausitz bei der Transformation, aber auch bei den Fragen Energiesicherheit, Gasversorgung und Wasserstoffkernnetz.

Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, in meiner neuen Funktion ein paar grundsätzliche Ausführungen zur Klimaschutzpolitik zu machen, damit sie wissen, worauf sie sich einlassen in den nächsten vier Jahren. Das sage ich sehr bewusst, weil mir wichtig ist, dass wir eine verlässliche Zusammenarbeit haben.

Die Energie- und Wasserwirtschaft ist eine der Schlüsselsektoren für die Energiewende und auch für nachhaltiges Wachstum. Die Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung für einen Wachstumskurs in Deutschland sehr bewusst. Wir wollen ihnen die Sicherheit geben, die sie dafür brauchen, um die Zukunft auch zu investieren. Deswegen sind gleichlautende Aussagen auch auf so einem Kongress wie hier wichtig.

Vor zehn Jahren wurde das Pariser Klimaschutzabkommen geschlossen. Auch wir bekennen uns sehr klar zu den globalen europäischen und nationalen Klimaschutzzielen. Wir haben im Koalitionsvertrag festgehalten und auch im Grundgesetz, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll. Das ist die Richtschnur für das Regierungshandeln. Es ist aber auch die Richtschnur für unsere europäische und globale Verantwortung.

Zu dieser Verantwortung gehört heute mehr denn je die Sicherheit. Wenn wir auf die NATO hören, wenn wir auf die Münchner Sicherheitskonferenz hören, wenn wir auf das Weltwirtschaftsforum in Davos hören, dann zählen sie alle die Klimakrise und die Naturzerstörung zu den größten Bedrohungen unserer Sicherheit in den nächsten Jahren. Es geht also um die nationale und internationale Sicherheit, wenn wir sagen, dass die gesamte Weltwirtschaft klimaneutral werden muss. Diese Analysen müssen wir in Politik und Wirtschaft ernst nehmen und unsere Lebensgrundlagen besser schützen.

Unser Anspruch ist es, in einer klimaneutralen Welt trotzdem und gerade zu den erfolgreichsten Volkswirtschaften zu gehören. Das ist der Anspruch. Ich denke da zum Beispiel, was den Ausbau der Energiesicherheit betrifft, an einige Regionen in Ostdeutschland, die weit vorne sind beim Ausbau der erneuerbaren Energien. In Brandenburg wird deutlich mehr Strom aus Erneuerbaren produziert, als überhaupt im Land verbraucht wird. Das ist ein Nettoexporteur mittlerweile geworden. Das ist mittlerweile einer der entscheidenden Vorteile bei Unternehmensansiedlungen, die Verfügbarkeit von grüner Energie und Strom. Ich kann das aus meiner Zeit im Kanzleramt nur bezeugen und bestätigen. Deswegen: Klarer Kurs, weiterer Ausbau, Energiesicherheit und auch Unabhängigkeit insbesondere von anderen Regierungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

direkt nach meinem Amtsantritt in der ersten Woche habe ich das Gutachten des Expertenrats für Klimafragen entgegengenommen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen sich damit beschäftigt hat, ich kann es ganz grundsätzlich empfehlen. Es zeigt uns, dass mit den derzeitigen Maßnahmen die Klimaziele bis 2030 in Reichweite sind.

Ihr Sektor ist einer, der ganz maßgeblich dazu beiträgt, dass es gelingt. Dafür ganz herzlichen Dank. Es kommt also auf die Energiewirtschaft an. Sie sind auf Kurs und es kommt jetzt darauf an, den Ausbau der Netzinfrastruktur an dem tatsächlichen Bedarf auszurichten und nicht umgekehrt.

Zum Gesamtbild des Prüfgutachtens des Expertenrats gehört aber auch, dass in einigen anderen Bereichen noch erheblicher Handlungsbedarf besteht. Das ist vor allen Dingen der Gebäudesektor und der Verkehrsbereich. Dort erreichen wir unsere nationalen Ziele nicht und schon gar nicht die europäischen Vorgaben. Aber gerade die europäischen Vorgaben sind verbindlich, und sie können uns, wenn wir sie nicht einhalten, teuer zu stehen kommen.

Deswegen: Wir haben die Chance, die Klimapolitik weiterzuentwickeln und richtungsweisende Investitionen auf den Weg zu bringen. Dafür können gerade die Sektoren, die ich eben angesprochen habe, die mit dem hohen Handlungsbedarf, auch zusätzlich profitieren. Dafür werden wir die Möglichkeiten der Sondervermögen für Klimaschutz und Infrastruktur zielgerichtet und klug nutzen. Diese Investitionen werden gebraucht, weil wir unser Land gemeinsam grundlegend modernisieren wollen und werden. Das geht aber nur mit mehr privaten Investitionen. Öffentliche Investitionen und Zuschüsse können nur ein Hebel sein, aber niemals das Fundament. Das muss aus dem privaten Sektor kommen.

Deswegen haben wir heute im Bundeskabinett einen Investitionsbooster auf den Weg gebracht. Das, was Katherina Reiche über Steuersenkungen sagte, das wird noch kommen, vor der parlamentarischen Sommerpause. Was wir heute beschlossen haben, sind die Super-Sonderabschreibungen, die insbesondere die Wirtschaft ankurbeln sollen, sodass wir aus der Stagnation rauskommen und wieder auf einen Wachstumskurs kommen. Deswegen ist es ein ganz, ganz wichtiger Punkt: Bis zu 30 Prozent Abschreibungsmöglichkeiten in den nächsten Jahren. Das wird das Potenzialwachstum unserer Volkswirtschaft, das wachsen muss, das deutlich über ein Prozent sein muss, wieder stärken und ist aus diesem Grund eine klare Wachstumsagenda.

Dazu kommen aber auch wichtige Strukturreformen. Werden die Genehmigungsverfahren weiter beschleunigen, Bürokratie abbauen. Fachkräfte mobilisieren, dabei allerdings die Umweltstandards nicht schleifen. Damit machen wir unsere Wirtschaft international wieder wettbewerbsfähiger. Investitionen verbunden mit Planbarkeit, Verlässlichkeit und Anreizen sind das Herzstück unserer und meiner Klimapolitik.

Wir müssen aber auch darüber sprechen, wie wir die Modernisierung unseres Landes fair und gerecht gestalten werden. Wo es bereits Entlastung gibt und wo noch Entlastungen notwendig sind, dass wir diese sozial ausgewogen machen. Ich will einige Beispiele nennen:

Denn das ist manchmal schnell wieder vergessen - wie die EEG Umlage - eine Kleinigkeit von fast 20 Milliarden Euro. Diese EEG Umlage wurde bisher von den Stromkunden bezahlt. Sie wird jetzt komplett aus dem Bundeshaushalt finanziert, mit allen Risiken, die wir auch in den jeweiligen Preisen drin haben. Das ist eine riesige Entlastung.

13,5 Millionen Menschen nutzen das Deutschlandticket und werden damit bei Mobilitätskosten entlastet. Das hilft insbesondere Menschen mit geringem Einkommen, aber auch Pendlerinnen und Pendler.

Und beim Heizungstausch? Eines der großen Aufregerthemen der letzten Jahre. Da gibt es im Gebäude Energiegesetz Fördermöglichkeiten von bis zu 70 Prozent, je nach Schnelligkeit und sozialer Komponente. Unter anderem dafür stehen im Energie, Klima und Transformationsfonds fast 17 Milliarden Euro zur Verfügung. 17 Milliarden Euro – das sind richtige Größenordnungen, die den Umstieg möglich machen mit Anreizen. Insbesondere auch für diejenigen, die finanziell nicht ganz so stark gepolstert sind.

Dazu kommen weitere milliardenschwere Entlastungen durch die Senkung der Stromsteuer, die Reduzierung der Netzentgelte und die zusätzlichen Steueranreize im Bereich der E-Mobilität. Hier sage ich ganz klar: für die vollelektrischen Fahrzeuge. Alles, was wir jetzt machen, was wir zusätzlich investieren und anreizen, muss CO₂-mindernd sein im maximalen Umfang, technologieoffen, klimaneutral und deswegen für die vollelektrischen Autos. Ich hoffe, dass das noch mal einen zusätzlichen Boost und auch die Sicherheit bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern den Investoren gibt.

Sie merken, mir ist wichtig, dass die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung an die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zurückgegeben werden und zwar sozial gestaffelt und so, dass sie tatsächlich beim Umstieg helfen auf klimafreundliche Alternativen. Wenn im Jahr 2027 der ETS 2 startet, dann werden rund 75 Prozent der CO₂-Emissionen der EU einem CO₂-Preis unterliegen. Das macht nationale Maßnahmen zur Emissionsminderung umso wichtiger.

Damit der Preis im ETS 2 nicht zu stark steigt, werden wir die besonders betroffenen Haushalte gezielt unterstützen. Ich habe bei meinem Amtsantritt gesagt, dass ich als Umweltminister die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund stellen will. Mein Ziel ist es, Natur und Umwelt zusammen mit der großen Mehrheit der Menschen, die in unserem Land leben, zu schützen und zu erhalten Und die große Mehrheit der Menschen in unserem Land will das und unterstützt das.

Es ist aber in den letzten Jahren etwas passiert, und zwar weltweit, nicht nur in Deutschland, dass der Klimaschutz zu einem Spalterthema in der Gesellschaft geworden ist und insbesondere die populistische Rechte es genutzt hat, um die Demokratien auszuhöhlen. Deswegen ist mir dieses verbindende Signal und die soziale Frage eine ganz entscheidende, damit wir bei der Frage Zusammenhalt der Gesellschaft, aber auch Erreichung der Klimaneutralität vorankommen. Und das Ganze mit technologischer Modernisierung.

Das geht natürlich nur in Zusammenarbeit mit unseren europäischen und internationalen Partnern. Ich habe meine erste Auslandsdienstreise nach Polen gemacht, zu meiner polnischen Kollegin. Es war mir sehr wichtig, weil Polen eine besondere Rolle in den mittel- und osteuropäischen Ländern spielt und weil es dabei auch insbesondere um ein klares Zeichen der Zusammenarbeit geht.

Die USA fallen international leider bei diesen Themen aus. Umso wichtiger, dass wir als Europäische Union zusammenbleiben. Bei der Weltklimakonferenz im November in Brasilien können wir unter Beweis stellen, dass die Zusammenarbeit trotz des Fernbleibens der USA weiter funktioniert. Denn gerade jetzt ist es wichtig zu zeigen, dass eine gerecht organisierte Energiewende wirtschaftliche Chancen eröffnet und uns aus fossilen und vor allem geopolitischen Abhängigkeiten befreien kann.

In diesem Jahr müssen die Vertragsstaaten des Übereinkommens von Paris ihre nationalen Klimaschutzbeiträge einreichen. Deutschland setzt sich dafür ein, dass die EU bis zur Generalversammlung im September ein NDC vorlegt, das uns die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels ermöglicht. Hier geht es um unsere internationale Glaubwürdigkeit und darum, von anderen großen Emittenten ambitioniertere Beiträge zu fordern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Energie- und Wasserwirtschaft ist für mich ein Schlüsselsektor für die Energiewende und für nachhaltiges Wachstum. Wenn es gelingt, dass möglichst viele in unserer Gesellschaft davon profitieren, dann ist das die beste Zukunftsvorsorge für unser Land und auch zum Schutz unserer Demokratie. Ich möchte den Austausch in der Gesellschaft, aber insbesondere auch mit Ihnen dazu gern fortsetzen und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit. Vielen Dank!

04.06.2025 | Rede Klimaschutz

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https://www.bundesumweltministerium.de/RE11346
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