Rede von Carsten Schneider zum Sustainable Finance Gipfel

02.10.2025
Bundesumweltminister Carsten Schneider betonte beim Sustainable Finance Gipfel: Wachstum und Klimaschutz müssen zusammen gedacht werden – mit Ziel, Kompass und Ausdauer.

– Es gilt das gesprochene Wort! –

Sie wissen vielleicht, dass ich gerne Rennrad fahre. Da muss man Kurz- und Langstrecke können. Das war auch hilfreich bei den Haushaltsverhandlungen, die wir gerade unter wirklich schwierigen Vorzeichen geführt haben. Wie beim Radrennen sind in der Politik drei Dinge wichtig: Ziel, Kompass und Ausdauer.

Ziel, Kompass und Ausdauer werden auch für die Gestaltung der Zukunft Deutschlands und Europas gebraucht. Uns geht es doch gemeinsam um die Fragen: Wie bringen wir die deutsche und europäische Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs? Und wie bleibt unser Planet dabei lebenswert – als Grundlage für ein gutes Leben und unseren Wohlstand?

Das sind genau die Fragen, die der Begriff Sustainable Finance umspannt.

Der Sustainable Finance Gipfel ist der perfekte Ort, diese Herausforderungen zu adressieren und Lösungsansätze zu diskutieren. Im Kern geht es darum, Wachstum und Transformation zusammen zu denken und miteinander voranzubringen. Wir in der Politik, Sie in der Finanzbranche und in den Unternehmen.

Anpacken, mitdenken und Loslegen – darum geht es.

Ich möchte vier Ansatzpunkte dafür nennen.

Erstens: Kurzfristig geht es um die Rückkehr auf einen Wachstumspfad.

Es ist klar: Kurzfristig müssen unser Land und Europa zurück auf den Wachstumspfad. Im Moment gibt es ermutigende Anzeichen für eine leichte Erholung. Die höheren öffentlichen Investitionen werden dazu beitragen, die Wirtschaft zu beleben.

Wir haben dafür ein Milliarden-Modernisierungspaket in der Bundesregierung geschnürt. Damit stellen wir auch die Weichen für wirksamen Klimaschutz.

Als langjähriger Haushälter weiß ich, dass wir diese Schuldenspielräume verantwortungsvoll nutzen müssen. Genau das tun wir mit dem neuen Haushalt, mit mehr Digitalisierung, weniger Bürokratie und mehr Gerechtigkeit.

Mein zweiter Punkt ist ein politisches und ökonomisches Leitbild für die Transformation.

In unsicheren Zeiten sind Leitbilder und ein klarer Kompass wichtig. Wir sind eine Wertegemeinschaft in Europa. Mit einem demokratisch legitimierten Gemeinwesen, mit Menschenrechten, Rechtsstaat und sozialer Marktwirtschaft.

Wir haben Leitplanken dafür, wie die Zukunft unserer Wirtschaft und Gesellschaft gestaltet werden soll.

In Deutschland haben wir das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu wirtschaften und zu leben neu im Grundgesetz verankert. Mit breiten Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat. Dieses Ziel findet Zuspruch, auch in Form steigender Kapitalzuflüsse.

Wir sehen inzwischen ganz konkret, dass Anleger ihre Portfolios diversifizieren. Emittenten aus dem Ausland legen vermehrt Anleihen in Euro auf, viele Emittenten davon kommen aus den USA.

Es wäre deshalb falsch, wenn wir unseren Kurs verlassen.

Die Richtung ist klar, aber es wird im Einzelnen über die Wege dahin noch diskutiert. Zum Beispiel beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Ich bin überzeugt: Die Energiewende ist auf einem guten Weg, sie ist ein weltweiter Megatrend.

Im letzten Jahr wurden weltweit knapp 730 Milliarden in erneuerbare Stromkapazitäten investiert – und zwar noch ohne Wasserkraft. Deutschland bezieht inzwischen mehr als die Hälfte seines Stroms aus erneuerbaren Quellen.

Wir müssen diesen Schwung nutzen und ausbauen, nicht ausbremsen. Nur so ist Klimaneutralität bis 2045 überhaupt erreichbar.

Mein dritter Punkt: Geschäftsmodelle müssen modern und zukunftsfähig gestaltet werden.

Nachhaltiges Wirtschaften wird künftig Wettbewerbsfähigkeit definieren – auch davon bin ich überzeugt. Deutsche Technologien denken beides perfekt zusammen.

Ein Beispiel dafür ist die Kreislaufwirtschaft: Sie ist relevant für alle Branchen über die gesamte Wertschöpfungskette.

Und mit unserem Mittelstand als Global Player ist sie weltweit präsent. Sie bietet eine große Chance für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes, insbesondere durch ihren Beitrag zur Rohstoffversorgung. Vor allem macht sie unsere Wirtschaft krisenfester und bietet enorme Potenziale für den Klimaschutz.

Ein Unternehmen, das heute "saubere" Investitionen tätigt, muss sich aber darauf verlassen können, dass wir an unseren langfristigen politischen Zielen festhalten, damit sich die Investition am Ende auszahlt. Als Politik müssen wir deshalb für Verlässlichkeit und Planbarkeit sorgen.

Sie diskutieren auf Ihrer Konferenz auch über die Omnibus-Regulierung und Bürokratieabbau. Dazu eine kurze Bemerkung: Wir müssen die Balance wahren. Das bedeutet konkret: komplexe Regularien müssen wirkungsvoll vereinfacht werden, das ist richtig und beschleunigt auch Verfahren.

Aber es kann nicht um die Rückabwicklung des Green Deal gehen. Bürokratieabbau darf nicht zu Lasten von Umweltstandards gehen.

Bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung gibt es technische Verbesserungspotenziale, die genutzt werden sollten.

Aber die Idee dahinter bleibt richtig: Real- und Finanzwirtschaft müssen Klima- und Umweltrisiken kennen. Daraus können prinzipiell auch finanzielle und unternehmerische Risiken werden – mit Folgen für das ganze Finanzsystem.

Ein Beispiel: Bedingt durch den Klimawandel, haben wir immer häufiger viel zu viel oder viel zu wenig Wasser in der Landschaft. Das ist ein ernstes Problem für den Standort und für die Planungssicherheit.

Wasserpolitik ist Daseinsvorsorge. Sie wird zunehmend auch zur Standortpolitik. Sie muss heute auch Teil unserer Sicherheitspolitik sein und ist im besten Sinne Zukunftspolitik. Das geht weit über den Umweltschutz hinaus.

Viertens: Wir müssen unsere Zukunft mit einem Mix aus öffentlichen und privaten Finanzmitteln finanzieren.

Mit dem Geld aus den Sondervermögen müssen wir mutig innovative Projekte anschieben. Nur mit einem Mix aus öffentlichen und privaten Finanzmitteln können Wirtschaftswachstum und Dekarbonisierung zielgerichtet verbunden werden.

Das bedeutet unter anderem:

Das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaschutz muss "zusätzliche" Investitionen finanzieren.

Die traditionelle Förderlandschaft muss neu aufgestellt werden. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass wir eine Förderplattform des Bundes aufbauen und zwar als One-Stop-Shop.

Wir brauchen außerdem passgenaue Finanzierungsinstrumente, um die Transformation in den Unternehmen zu unterstützen. Zum Beispiel Garantien oder Kapitalbeteiligungen, Stichwort Deutschlandfonds.

Auch die Klimaschutzverträge, die Carbon-Contracts-for-Difference, können helfen.

Mit allen diesen Instrumenten können die täglichen Betriebskosten der Unternehmen und auch Investitionsausgaben für langlebige Vermögenswerte wie Gebäude oder IT gefördert werden.

Der Austausch und das Zusammenspiel zwischen Real- und Finanzwirtschaft, wie heute hier auf dieser Konferenz, sind entscheidend dafür, dass der Umbau gelingt.

Meine Damen und Herren,

in der öffentlichen Debatte wird viel zu häufig der Eindruck erweckt, dass es einen Gegensatz zwischen erfolgreichem Wirtschaften einerseits und Umwelt- und Klimaschutz andererseits gäbe.

Tatsache ist, dass heute beide unauflöslich miteinander verbunden sind.

Lassen Sie uns gemeinsam den Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft weiter angehen und die Chancen dabei ergreifen.

Mit Ziel, Kompass und der nötigen Ausdauer.

02.10.2025 | Rede Nachhaltigkeit
https://www.bundesumweltministerium.de/RE11482
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