Munitionsaltlasten im Meer

Ein Forschungstaucher untersucht eine Seemine aus dem Zweiten Weltkrieg im Seegebiet Kolberger Heide nahe Kieler Föhrde, Ostsee

Auf dem Meeresgrund von Nord- und Ostsee liegen etwa 1,6 Millionen Tonnen alte Munition aus zwei Weltkriegen. Bomben, Minen oder auch Granaten bedrohen Meeresumwelt, Schifffahrt, Fischerei und Tourismus. Dieser Gefahr für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit begegnet das Bundesumweltministerium (BMUKN) mit dem "Sofortprogramm Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee".

Etwa 1,6 Millionen Tonnen Altmunition auf dem Grund von Nord- und Ostsee, allein in deutschen Hoheitsgewässern, stellen eine erhebliche Gefahr dar: Ihre Hüllen verrosten oder verrotten langsam. Die Munitionskörper, die zum größten Teil nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen der Entwaffnung Deutschlands versenkt wurden, können deshalb immer schlechter aufgefunden, geborgen und entsorgt werden.

Neuere Forschung hat gezeigt, dass sich bereits jetzt von den Sprengstoffen herrührende, teils krebserregende und das Erbgut schädigende Substanzen in Meereslebewesen wie Muscheln und Fischen anreichern. Das gefährdet aktuell vor allem die Meeresumwelt. Jedoch können nach Ansicht von Experten auf diesem Weg Schadstoffe aus Sprengstoffverbindungen zukünftig auch in die menschliche Nahrungskette gelangen.

Infografik

Karte der Munitionsdeponien in der deutschen Nord- und Ostsee

Infografik: Kartierung der Munitionslasten, der Munitionsarten, deren Ursprung und das Ausmaß. Weitere Informationen siehe Bildunterschrift

Gefahr für die Umwelt nimmt ständig zu

Diese Gefahr für die Umwelt nimmt von Jahr zu Jahr zu. Das ist insbesondere in der Ostsee ein Problem, weil sich ihr Wasser – durch den vergleichsweise kleinen Anschluss an Nordsee und Atlantik über den Skagerrak – nur etwa alle 100 Jahre austauscht. Dadurch steigt die Konzentration von Schadstoffen im Wasser der Ostsee mit der Zeit immer mehr. Auf dem Meeresboden liegende und auch bereits im Schlick versunkene Munition ist außerdem ein Risiko für die Schifffahrt, die Fischerei, den Tourismus und den Ausbau der Offshore-Windkraft.

Die Bundesregierung hat deshalb ein mehrjähriges umfangreiches Sofortprogramm für die Bergung und Entsorgung von Altmunition in deutschen Meeresgewässern aufgelegt.

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Infografik-Zeichnung: Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Unterwasserwelt und den Menschen. Weitere Informationen siehe Bildunterschrift

In einem ersten Pilotprojekt, das im Sommer 2024 im Rahmen des Sofortprogramms startete und im Herbst 2025 erfolgreich abgeschlossen wurde, konnten in ausgewählten Bereichen der westlichen Ostsee bereits verfügbare Technologien für die systematische und teilweise automatisierte Aufspürung und Bergung unterschiedlichster Typen von Munitionsaltlasten erprobt werden.

Infografik

Infografik. Weitere Informationen siehe Bildunterschrift

Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee: Sofortprogramm des Bundesumweltministeriums

Im ersten Schritt werden das Gebiet erkundet und Munitionsaltlasten identifiziert. Es folgt das Kartographieren des Gebiets und darauf die Bergung. Abnschließend wird die Munition sortiert und zuletzt aufbereitet und entsorgt.

Erprobung in Lübecker und Mecklenburger Bucht durchgeführt

Ein großes Expertinnen- und Expertengremium hatte dafür geeignete Standorte vor Haffkrug und Pelzerhaken (Lübecker Bucht) sowie Boltenhagen (Mecklenburger Bucht) ausgewählt: Hier finden sich auf engem Raum verschiedenste Typen von Altmunition. So wurde erprobt, mit welcher Technik und bei welchen Munitionstypen ein größtmöglicher Bergungseffekt in den dichten, großen Haufen von Altlasten in den Versenkungsgebieten möglich ist. Sie ballen sich dort nämlich oft als regelrechte Munitionshaufen auf dem Meeresgrund zusammen.

Das Pilotprojekt hat ergeben, dass die genutzte Technologie gut verwendbar ist, gleichwohl aber noch gezielt weiterentwickelt werden muss. Hinzu kommen viele wertvolle Aufschlüsse zur Beschaffenheit der versenkten Munition und des belasteten Meeresbodens.

Karte Pilotierung in Lübecker und Mecklenburger Bucht

Karte mit den Pilotierungsarealen in der Lübecker und Mecklenburger Bucht: Haffkrug, Pelzerhaken West und Nord und Großklützhöved.. Weitere Informationen siehe Bildunterschrift

Legende: Pilotierungs-Areale in der Lübecker/ Mecklenburger Bucht

  • dunkelgrün: Areale, in denen die Beräumung erprobt wird
  • gestrichelte Linie: Landesgrenze
  • Kreis: Ortschaften/ Auswahl
  • hellgrün: Küstengemeinden

Die Ergebnisse fließen nun im nächsten großen Schritt in Entwicklung und Bau einer mobilen und schwimmenden Industrieanlage zur Entsorgung von Munitionsaltlasten auf See ein. Diese Anlage soll beispielhaft zeigen, wie konventionelle Munitionsaltlasten direkt vor Ort auf See in einem größeren Stil umweltgerecht entsorgt werden können.

Das Sofortprogramm hat zum Ziel, die Bereiche Erkundung und Bergung sowie Aufbereitung und Entsorgung so weiterzuentwickeln und aufeinander abzustimmen, dass sie erstmals im Rahmen eines durchdachten Gesamtkonzepts eine effiziente und sichere Verfahrenskette zur systematischen sowie umwelt- und naturschutzgerechten Entsorgung auf See bilden. Viele der bereits genutzten Technologien zur Aufbereitung und Entsorgung von Munitionsaltlasten, wie zum Beispiel Verbrennungs- und Sprengöfen, sind heute schon an Land erprobt und im Einsatz. Es gilt nun, diese Arbeiten auch für die herausfordernden Bedingungen auf See sicher anzupassen. 

Das Sofortprogramm der Bundesregierung zeigt beispielhaft auf, wie die systematische Beräumung großer Mengen von Munitionsaltlasten in deutscher Nord- und Ostsee möglich ist. Die tatsächliche Durchführung wird dann eine Generationenaufgabe sein, der sich Bund und Länder gemeinsam stellen müssen.

Für das Sofortprogramm stehen 100 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung. Die Erkenntnisse aus dem Sofortprogramm sind auch für andere Länder von großem Interesse – denn im Meer versenkte Altmunition ist weltweit an unzähligen Orten ein sich verschärfendes Problem.

Munitionshaufen mit verschiedenen Munitionsarten im Munitionsversenkungsgebiet Kolberger Heide

Munitionshaufen mit verschiedenen Munitionsarten im Munitionsversenkungsgebiet Kolberger Heide

Hintergrund

Zwei Weltkriege haben allein in deutscher Nord- und Ostsee 1,6 Millionen Tonnen Munitionsaltlasten – wie Bomben, Minen und Granaten – hinterlassen. Diese schrecklichen Hinterlassenschaften würden einen rund 1.000 Kilometer langen Güterzug füllen, eine Strecke etwa so lang wie der Straßenweg von Berlin bis nach Paris.

Der Großteil davon, darunter auch geringere Mengen von Chemiewaffen (wie Senfgas, Sarin und Tabun), wurde im Rahmen der Entwaffnung Deutschlands durch die Alliierten nach 1945 in den Meeren versenkt. Hinzu kommen während des Seekriegs ausgelegte Minen und auch noch Blindgänger von Bombenangriffen auf küstennahe Gebiete.

Stand: 06.11.2025

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