– Es gilt das gesprochene Wort –
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Klimaschutz ist für die Bundesregierung ein zentrales politisches Handlungsfeld, und das muss er angesichts der Folgen des Klimawandels, die in Deutschland längst angekommen sind, auch sein. Viele Kommunen, die Unternehmen, die Landwirtschaft und die Menschen spüren die Veränderung. Deshalb geht die Arbeit für mehr Klimaschutz und vor allen Dingen auch für mehr Klimaanpassung weiter, übrigens unabhängig von der Jahreszeit. Die außergewöhnliche Trockenheit im Frühjahr und Starkregenereignisse wie gerade in dieser Woche wieder in Nordrhein-Westfalen zeigen, dass die Infrastruktur und die Unternehmen resilienter aufgestellt werden müssen.
Es sind aber nicht nur diese negativen Seiten, die wir in der Diskussion betrachten müssen. Mehr Resilienz bedeutet auch mehr Chancen im Wettbewerb für die Unternehmen und mehr Lebensqualität vor Ort. Es ist deshalb richtig und für die Zukunft unseres Landes von herausragender Bedeutung, dass wir mit dem Sondervermögen Infrastruktur Investitionen in genau diese Resilienz ermöglichen. Diese Resilienz gibt uns die Möglichkeit, der Veränderungen durch den Klimaschutz Herr zu werden, aber vor allen Dingen auch Technologien zu entwickeln – Technologien, für die deutsche Ingenieurinnen und Ingenieure berühmt sind –, um diese auch in die Welt zu exportieren.
Diese Aktuelle Stunde heute – vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen der Grünen dafür – gibt uns die Gelegenheit, nicht nur grundsätzlich über die Herausforderungen des Klimawandels zu sprechen, sondern auch über die anstehenden Termine und Entscheidungen in den kommenden Wochen und Monaten. Das will ich gerne tun. Drei Punkte sind aus meiner Sicht dabei von herausragender Bedeutung. Das sind die Festlegung des EU-Klimaziels für 2040, das nationale Klimaschutzprogramm, das wir erarbeiten müssen, um unsere eigenen Ziele und Ansprüche zu erreichen, und natürlich die Weltklimakonferenz in Brasilien im November dieses Jahres.
Lassen Sie mich auf diese drei Punkte im Einzelnen eingehen. Den Vorschlag der EU-Kommission für das Klimaziel von 90 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Jahre 2040, bezogen auf das Jahr 1990, unterstützt die Bundesregierung. Wir haben uns als Regierungsparteien nicht nur im Koalitionsvertrag klar dazu bekannt, sondern auch in der allgemeinen Ausrichtung zu den Vorschlägen der EU-Kommission.
Dazu gehört im Übrigen auch, dass die Klimaneutralität bis 2045 inzwischen in unserem Grundgesetz verankert ist. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag und im Bundesrat, die dies möglich gemacht haben. Das sei allen noch mal gesagt, die meinen, dass Klimaschutz eine Minderheitsposition sei. Das Gegenteil ist richtig. Es gibt aus meiner Sicht also keinen Grund für einen Rückzieher oder dafür, einen Schlingerkurs zu fahren, der die Unternehmen und Verbraucher nur verunsichert, sei es auf politischer oder auf industrieller Seite.
Der Vorschlag, den die EU-Kommission uns vorgegeben hat, setzt auch ein wegweisendes Signal für die Klimakonferenz in Brasilien. In diesem Jahr sind alle Staaten im Rahmen des Pariser Abkommens aufgefordert, ihre Klimaziele vorzulegen. Hier kommt es gerade auf die Europäische Union und ihr neues Klimaziel an. Das Klimaziel, das die EU vorgelegt hat, bedeutet nicht, dass wir in Deutschland unseres erhöhen müssen. Es entspricht nämlich ziemlich genau dem, was wir in Deutschland ohnehin schon beschlossen haben und auch umsetzen werden. Es setzt allerdings voraus, dass wir unsere nationalen Ziele bis zum Jahre 2030 und darüber hinaus erreichen. Um dies sicherzustellen, müssen wir diese mit entsprechenden Maßnahmen im Rahmen eines Klimaschutzprogramms unterlegen.
Wenn sich die Staatengemeinschaft im brasilianischen Belém zur Klimakonferenz trifft, sind genau zehn Jahre seit dem Pariser Klimaschutzabkommen vergangen. Mit dem Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, ist das Abkommen eine der wichtigsten völkerrechtlichen Grundlagen zur Eindämmung der Klimakrise. Deutschland wird trotz des Ausstiegs der Trump-Administration aus dem Pariser Abkommen am Multilateralismus und an internationalen Vereinbarungen festhalten. Ich werde mich auch innerhalb der EU dafür einsetzen, dass wir auf Kurs bleiben; denn der Rest der Europäischen Union schaut auf Deutschland und auf das, was wir tun. Er wartet nicht nur auf unsere Entscheidungen, sondern auch auf unsere Unterstützung.
Von der COP 30 wünsche ich mir das klare Signal, dass das Streben nach Klimaneutralität sowie Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit unauflöslich verbunden sind. Gerade nachhaltiges Wirtschaften wird künftig die Wettbewerbsfähigkeit definieren. Ich würde mich freuen, wenn auch in unseren Debatten dieser Zusammenhang besser deutlich gemacht würde. Zu oft wird der Eindruck erweckt, dass es für die Unternehmen nachteilig sei, nachhaltig zu wirtschaften, oder dass es für das Klima nachteilig sei, wenn die Unternehmen wettbewerbsfähig sind. Dabei sind es doch gerade deutsche Unternehmen und deutsche Technologien, die beides perfekt zusammendenken können.
Die Green-Tech-Branche boomt. Das sind Unternehmen, die umwelt- und klimafreundliche Technologien und Dienstleistungen anbieten. Die Kreislaufwirtschaft ist ein Beispiel dafür. Das Thema ist für alle Branchen und über die gesamte Wertschöpfungskette relevant. Der deutsche Mittelstand ist in der Kreislaufwirtschaft ein Global Player. Viele wissen vielleicht nicht, dass die Green-TechBranche seit 2010 um 4,7 Prozent pro Jahr gewachsen ist. Das Potenzialwachstum in Deutschland liegt bei unter ein Prozent. Das heißt, wir haben hier großes Potenzial, nicht nur zu wachsen, sondern auch mit technologischem Fortschritt Exporterfolge zu erzielen. Die Green-TechBranche hat den Krisen getrotzt und sich zu einem Stabilisator unserer Volkswirtschaft entwickelt. Wir kümmern uns mit der Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie ebenso darum, dass diese Stärken weiter ausgebaut werden. Das schont das Klima und die natürlichen Ressourcen und sorgt gleichzeitig dafür, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb bestehen kann.
Wenn wir von Klimaschutz reden, wird häufig übersehen, wie viele Menschen sich vor Ort engagieren, sei es beim Schutz von Wäldern, Auen, Böden und Mooren, Meeren und Gewässern, sei es bei der Wiederherstellung von geschädigten und zerstörten Ökosystemen oder sei es, wenn zum Beispiel am World Cleanup Day oder bei anderen Aktionen Müll aus der Umwelt gesammelt wird.
Nur eine intakte Natur ist auch gesund für uns Menschen. Sie kann uns helfen, den Klimawandel aufzuhalten. Sie kann Schatten und Kühle spenden in den Städten und vieles andere mehr. All das unterstützen wir auf vielfältige Weise, insbesondere mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. Es ist wichtig, dass wir bei den umwelt- und klimapolitischen Debatten nicht immer nur die globale Flughöhe erreichen. Das oftmals ehrenamtliche Engagement vor Ort ist genauso wertvoll. Ich will die Gelegenheit nutzen, allen zu danken, die sich im Natur- und Umweltschutz vor Ort und damit für ihre und unsere Heimat starkmachen.
Es ist Freitagnachmittag, wir haben den Herbst dieser Sitzungswoche erreicht. Aber das ist kein Grund zum Zaudern. In der kommenden Woche werden wir – Sie und auch ich – den Haushalt für 2025 beschließen. In der Woche darauf beginnen die Beratungen für den Bundeshaushalt 2026. Das sind jeweils wichtige Weichenstellungen für Deutschland, um unserem eigenen Anspruch, aber auch unseren Verpflichtungen im Klimaschutz gerecht zu werden. Darauf freue ich mich schon und bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen.