– Es gilt das gesprochene Wort. –
Sehr geehrter Herr Professor Dr. Paetzel,
sehr geehrte Frau Dr. Broß,
liebe Vertreterinnen und Vertreter der Wasserwirtschaft,
sehr geehrte Abgeordnete,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
es ist eine große Freude, heute hier bei Ihnen zu sein – im Kreis jener, die tagtäglich Verantwortung für unser Wasser übernehmen, für unsere Gewässer und damit auch für die Infrastruktur, die wir alle brauchen. Ich danke Ihnen für die Einladung und freue mich darauf, die langjährige gute Zusammenarbeit zwischen Ihnen und meinem Haus fortzusetzen. Das Motto Ihrer Veranstaltung: "Gemeinsam neue Wege gehen" greife ich gerne auf. Wasserpolitik gelingt nicht im Alleingang.
Es geht um eine gemeinsame Aufgabe – von Bund, Ländern und Kommunen, von Wirtschaft, Landwirtschaft, Verbänden, von Bürgerinnen und Bürgern und nicht zuletzt von allen, die in der Wasserwirtschaft tätig sind. Lange sind wir einfach davon ausgegangen, dass Deutschland ein wasserreiches Land ist. Jetzt merken wir: Wir müssen genauer hinsehen. In dieser neuen Realität werden neue Wege und neue Lösungen gebraucht.
Der Klimawandel verändert die Verfügbarkeit von Wasser dramatisch: Trockenphasen und Nutzungskonflikte nehmen zu. Zugleich wächst das Risiko für Starkregen und Überflutungen. Wir haben immer häufiger viel zu viel oder zu wenig Wasser. Das ist ein Problem. Für die Landwirtschaft, weil mehr bewässert werden muss. Für die Wirtschaft, weil die Schifffahrt beeinträchtigt ist oder Kühlwasser für die Kraftwerke fehlt. Für die Natur, weil die Belastung mit Nährstoffen und Schadstoffen bei langen Niedrigwasserphasen noch stärker ins Gewicht fällt. So wie beim Fischsterben in der Oder 2022. Und natürlich für die Menschen, die sich Sorgen machen, ob sie noch auf ihr wichtigstes Lebensmittel zählen können.
Darauf müssen wir Antworten finden. Das geht weit über den Umweltschutz hinaus. Wasserpolitik ist Daseinsvorsorge. Sie wird zunehmend auch zur Standortpolitik, sie muss Teil unsere Sicherheitspolitik sein und ist im besten Sinne Zukunftspolitik. Heute müssen die Lösungen entwickelt werden, die morgen und übermorgen tragen. Viele dieser Lösungen sind in der Nationalen Wasserstrategie gebündelt. Was zu tun ist, wissen wir also weitgehend. Jetzt ist die Zeit der Umsetzung. Unsere Wasserpolitik ist Vorsorgepolitik. Wir wollen Schäden durch Hochwasser und Starkregen so weit wie möglich vermeiden und uns gleichzeitig für Zeiten von Wasserknappheit rüsten.
Dabei gibt es drei große Themenkomplexe, die wir angehen werden:
Erstens: Wir stärken den Landschaftswasserhaushalt. Dazu gehören intakte Wälder, Moore, Flussauen, gesunde Böden. Wenn die natürlichen Wasserkreisläufe funktionieren, bieten sie Stadt und Land Vorsorge gegen Dürre und Schutz vor Überflutung. Das bedeutet: natürliche Gewässerentwicklung, mehr Wasserrückhalt und Wasserspeicherung in der Landschaft und weniger Dränagen.
Zweitens: Wir beschleunigen die Klimaanpassung in der Stadt. Hier soll es künftig weniger versiegelte Böden geben, dafür mehr Grün und Wasserflächen. Das macht zugleich unsere Städte lebenswerter.
Drittens: Wir treffen Vorsorge gegen die Verschmutzung von Gewässern und Böden. Dazu zählen die Einträge aus Landwirtschaft, Wirtschaft, kommunalen Kläranlagen und Kanalnetzen. Vorsorge dient dem Schutz von Gewässern und Böden. Sie ist aber auch volkswirtschaftlich zwingend, insbesondere bei weitverbreiteten Belastungen wie PFAS, Arzneimitteln und Nährstoffen.
Es gibt zwei konkrete Aufgaben, die mein Haus und mich in dieser Legislaturperiode besonders beschäftigen werden. Die Vorsorge gegen Überflutungen, Dürre und Trockenheit und die Umsetzung der Europäischen Kommunalabwasserrichtlinie. Zur Vorsorge gegen Überflutungen und Dürre liegt der Entwurf eines Gesetzes zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen von Ländern und Kommunen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität vor. Mit dem wollen wir neue Investitionsräume für Länder und Kommunen schaffen. Nach jetzigem Stand haben sie mit ihrem Anteil am Sondervermögen von 100 Milliarden Euro die Möglichkeit, zum Beispiel präventive Maßnahmen gegen Hitze und Dürre in Städten zu finanzieren, etwa Abkühlungskonzepte oder urbane Wasserspeicher. Oder auch Maßnahmen zum Schutz gegen Hochwasser und zur Vorsorge gegen Starkregen.
Aber auch der Bund kann und sollte sich stärker engagieren. Wir setzen auf natürliche Lösungen wie Wälder, Auen und Stadtgrün. Ich setze mich dafür ein, das Nationale Hochwasserschutzprogramm weiter zu stärken. Der Koalitionsvertrag sieht einen neuen Sonderrahmenplan für Naturschutz und Klimaanpassung vor. Bund und Länder sollen sich auf gemeinsame Prioritäten einigen und die Umsetzung gemeinsam finanzieren. Davon wird auch die Wasserpolitik profitieren. Mein Haus setzt sich in den laufenden Haushaltsverhandlungen dafür ein, dass dieser Sonderplan schnell kommt. Ziel ist, dass die Umsetzung schon 2026 beginnt.
Auch das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz bietet Finanzierungsmöglichkeiten, zum Beispiel Förderung für die Entsiegelung von Böden. Die geförderten Maßnahmen sorgen dafür, dass Böden wieder ihre vielen natürlichen Funktionen erfüllen können. Sie verbessern den Wasserrückhalt und die Grundwasserneubildung und tragen damit zur Vorsorge gegen Dürre und Starkregen bei. Die Förderrichtlinie ist eine große Chance für Kommunen, und sie wird sehr gut angenommen.
Trotz aller Maßnahmen müssen wir davon ausgehen, dass es zumindest regional und saisonal Wasserknappheit geben wird. Gemeinsam mit den Ländern arbeiten wir intensiv an Leitlinien für den Umgang mit Wasserknappheit. Da setzen wir auch auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen. Ein Teil unserer Arbeit ist die Frage, wo wir regional vernetzte Infrastruktur benötigen und wie wir das technische Regelwerk anpassen müssen, um klimafit zu werden. Verlässliche Entscheidungen brauchen belastbare Daten. Ab dem ersten Quartal 2026 wird es ein bundesweites Niedrigwasserinformationssystem geben. NIWIS wird Informationen zu Niedrigwasser an Flüssen und im Grundwasser bereitstellen und damit Entscheidungen unterstützen.
Unsere zweite konkrete Aufgabe ist die Umsetzung der Europäischen Kommunalabwasserrichtlinie. Sie ist ein Meilenstein für saubere, gesunde Gewässer. Ich will erreichen, dass sie bis Ende Juli 2027 in nationales Recht umgesetzt wird. Es geht um eine 1:1 Umsetzung. Eine enge Zusammenarbeit mit Ihnen und anderen Verbänden liegt mir dabei sehr am Herzen. Erste Entwürfe wird es im Winter geben. Ein zentrales Element der Richtlinie ist die Einführung einer 4. Reinigungsstufe in kommunalen Kläranlagen. Damit sollen Mikroschadstoffe im Wasser reduziert werden. Das ist ein großer Gewinn für den Gewässerschutz und die Gesundheit.
Im Sinne der erweiterten Herstellerverantwortung sollen 80 Prozent der Kosten künftig die Verursacher übernehmen, zunächst betrifft das die Pharma- und Kosmetikindustrie. Gegen diese erweiterte Herstellerverantwortung klagt die Pharma- und Kosmetikbranche vor dem Europäischen Gerichtshof. Das ist deren gutes Recht.
Ich möchte an Sie appellieren, diese Diskussion nicht der Pharmaindustrie zu überlassen, sondern sich aktiv zu beteiligen und das ganze Bild zu zeichnen. Für mich ist das eine Frage der Fairness: Wer Stoffe in den Markt bringt, die unsere Gewässer belasten, muss auch Verantwortung für deren Beseitigung übernehmen. Wir werden diesen Kurs konsequent verfolgen – gemeinsam mit Ihnen, den Verbänden und den Kommunen.
Die Nationale Wasserstrategie zeigt, was zu tun ist. Wir brauchen Entschlossenheit in der Umsetzung und ein gewisses Maß an Hartnäckigkeit. Denn Wasserwirtschaft muss in und für Generationen denken. Ich lade Sie alle ein, sich bei diesem Generationenprojekt weiter einzubringen und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen.